Einschlafhilfe durch Musik

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In diesem Artikel geht es um Einschlafbegleitung und wie Musik dich als Mama oder Papa dabei unterstützen kann. 

 

  1. Warum ist Einschlafbegleitung wichtig? 

  2. Wie kann Musik dabei unterstützen? 

  3. Wiegen- & Schlaflieder 

  4. Spieluhren 

  5. Wie kann ich lernen selber zu singen? 

  6. Rituale mit Musik 

  7. Einschlaftrio 

 

Einschlafen ist für alle Eltern ein ganz spezielles Thema. Es gibt hier kein richtig und falsch - außer wohl dein Kind schreien und weinen zu lassen!⁠ Es gibt unzählige Ratgeber zu dem Thema. Aber bei meiner Recherche zu diesem Thema bin ich auf keinen Artikel zu Einschlafbegleitung mit Musik gestoßen.  

Was passiert beim Einschlafen? 

Da den meisten Babys das Einschlafen sehr schwer fällt - was ja im Prinzip logisch ist, denn es muss ja die Bindung zu Mama oder Papa verlassen. Das Einschlafen bedeutet eine Trennung von der Bezugsperson. Diese Trennung fürchten Kinder und sie ist mit Unsicherheit verbunden. Daher braucht es besonders viel Bindung in diesen Momenten. Ein Kind musste sich ja (evolutionstechnisch gesehen) darauf verlassen können, dass die Bezugsperson nicht weggeht und der Säbelzahntiger kommen konnte. Daher macht es meiner Meinung nach total Sinn, dass Kinder auch immer wieder aufwachen und sich vergewissern, dass du als Mama oder Papa da bist. Oder, dass eben das Einschlafen schwierig ist. 

 

Was kann jetzt Musik ausrichten? 

Musik kann ja bekanntlich einige Hormone in uns aktivieren. So auch das Kuschel- und Bindungshormon Oxytocin, sowie das Wohlfühlhormon Serotonin. Der Körper braucht ausreichend Serotonin, um das Schlafhormon Melatonin zu bilden. Ohne Serotonin kein Melatonin – und wir können nicht schlafen. Daher auch häufig Schlafprobleme bei Depression. 

 So kann Musik, zum Beispiel das Vorsingen eines Liedes oder das gemeinsame Musikhören dazu beitragen, dass dein Kind zur Ruhe kommt und gleichzeitig auch noch vermehrt Oxytocin und auch Serotonin gebildet wird.  

Sanfte und ruhige Töne wirken im Gehirn direkt auf unser Emotionssystem (im limbischen System) und wir können besser entspannen und zur Ruhe kommen. Besonders effektiv ist es, wenn du als Mama oder Papa selber singst. Damit kannst du dich selbst entspannen und gleichzeitig bei der Einschlafbegleitung wach bleiben. Du musst auch nicht die gesamte Zeit singen. Wenn die Einschlafbegleitung über eine Stunde dauert, dann ist das ja auch anstrengend. Aber deine Stimme zeigt deinem Kind: Mama oder Papa ist da! Und folgende Studie zeigt das auch nochmal anschaulich. 

 

⁠ Spannende Studie zum Thema

In einer Studie um Mariève Corbeil von der Universität Montreal, wurde mit Kleinkindern und Babys zur Beruhigung entweder⁠ 

🗨️ gesprochen oder  

⁠🎵 es wurde ihnen ein Lied vorgespielt. ⁠ 

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Das Gesprochene war ein sanftes Zureden der Mutter. Die Lieder waren entweder ein Wiegenlied in der eigenen Muttersprache oder ein Wiegenlied aus der Türkei (nicht Muttersprache). ⁠ 

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💡 Die Kinder blieben im Schnitt neun Minuten ruhig und entspannt, wenn ein Lied ertönte. Besonders fand ich, dass es egal war, ob in Muttersprache oder einer anderen Sprache. An dieser Stelle scheint die Melodie ausschlaggebend zu sein und nicht das Erkennen der Sprache.  ⁠ 

Wenn das sanfte Gesprochene ertönte blieben die Kinder nur halb so lang ruhig, im Vergleich zu den Wiegenliedern. ⁠ 

 Fazit: Singen ist die beste Möglichkeit dein Kind zu beruhigen und zum Einschlafen zu bringen. 

 

Du kannst beispielsweise auch, nachdem du aus dem Kinderzimmer gegangen bist, Musik anmachen oder weitersingen. Und dein Kind wird sie hören und wird merken: Mama/Papa ist da. ⁠ ⁠So bleibst du mit deinem Kind in Verbindung. 

Ich kann sogar noch aus eigener Erfahrung erzählen, dass die Musik, die mein Papa Abends hörte mich heute noch zum Einschlafen bringt. In dem Fall war es Bach, die Goldberg Variationen und auch Mercedes Sosa.⁠ ⁠ Es sind unendliche viele Möglichkeiten gegeben, wie Musik beim Einschlafen helfen kann. Und die Reaktion darauf ist so unterschiedlich, wie eben jede Familie unterschiedlich ist.  

 

Wiegenlieder und Schlaflieder 

Aus meiner Erfahrung weiß ich, dass bekannte Melodien besonders gut wirken. Daher nutzen wir automatisch Lieder, die unser Kind kennt. 

Wiegenlieder haben ruhige und entspannende Klänge. Wir kennen die Klassiker, wie Schlaf Kindlein Schlaf oder Guten Abend gute Nacht. Es lohnt sich aber auf die Suche zu gehen nach “neuen” Liedern. Im Prinzip kannst du einen ganzen Pool an Liedern aufbauen, die dir gefallen. Die Lieder kennt dann auch dein Kind und kann sich zum Beispiel was wünschen. Und du hast ein bisschen Abwechslung. Immer das gleiche ist ja schon etwas, was Kinder brauchen – auch wenn wir das als Erwachsene manchmal anstrengend finden. Wenn ihr aber mehrere Lieder habt, dann könnt ihr auch verschiedene Singen. 

Ich möchte an dieser Stelle noch explizit Mantras erwähnen. Diese haben nämlich durch ihre immerwährende Wiederholung auch einen sehr beruhigenden Charakter. Und da sie meist in Sanskrit gesungen werden, gibt es keine Ablenkung durch Worte. 

 Ich verlinke dir mal das Mantra Suddhosi Buddhosi vor. Es ist überliefert, dass schon die alte Yogini Madalasa es ihren Kindern als Wiegenlied vorgesungen haben soll. Der Text heißt soviel wie: Du bist rein. Du bist wahr, du bist unberührt von allen Geschehnissen in dieser Welt. Du bist unberührt von aller Illusion. Du bist das Ewige und Absolute. 

 Suddhosi Buddhosi

 Auch Spieluhren erfüllen oft einen ziemlich guten Zweck. Wir ich finde haben sie meist wirklich schöne, auch mal unbekannte Melodien und sie haben den Vorteil, dass dein Kind sie schon kennt. Die Spieluhr kann abgespielt werden während du aus dem Zimmer bist. Und dein Kind kann mit der Spieluhr kuscheln.  

Und wenn dein Kind schon etwas älter ist, dann es die Spieluhr selbst aufziehen du sich damit beruhigen (hier setzt dann noch zusätzlich das Belohnungssystem für die Selbstwirksamkeit ein).  ⁠ 

⁠ 

⁠Wie du selbst ins Singen kommen kannst 

💁🏽‍️ TIPP: Wenn du dich erst mal nicht traust zu singen, dann kannst du anfangen mit Summen. Du lässt die Spieluhr laufen und summst mit. Nach und nach brauchst du die Spieluhr nicht mehr und du beginnst mit dem eigentlichen Singen. Erst leise, dann immer intensiver. Dein Baby oder Kind wird dir zeigen, was es mag und was nicht. ⁠ 

 

Rituale mit Musik 

Musik wirkt, wie oben schon beschrieben habe ja auf unseren Körper. Musik kann aber auch einen Ritual Charakter haben. So wie das Vorlesen. Das machen ja auch viele Familien am Abend. 

Allerdings hat Musik eine stärkere Wirkung als das Vorlesen. Ein Team um den englischen Forscher Nick Packet konnte die Auswirkungen von Schlaf- und Wiegenliedern nachweisen. Die Kinder waren alle an Herz- oder Atmung erkrankt. 

Den Kindern wurden Schlaflieder vorgespielt, oder vorgelesen oder (als Kontrollgruppe) keine Interaktion angeboten.  

Der Herzschlag der Kinder, die Schlaflieder hörten reduzierte sich von 134 auf 129 (Zeichen der Entspannung). Das Schmerzempfinden reduzierte sich von auf einer Skala von 4-13 um fast einen halben Punkt auf 5,64. Und die Kinder berichteten, dass die Ängste zurückgegangen seien. Außerdem stieg die Sauerstoffsättigung. 

Denn die Kinder der Vorlegegruppen zeigten ähnliche, aber nicht so ausgeprägte Ergebnisse. Laut der Forscher waren die besseren Effekte der Musik zurückzuführen auf die Musik. Nicht auf die Aufmerksamkeit der Erwachsenen. Und die hatten ja auch die Aufmerksamkeit der Erwachsenen. 

Nichtsdestotrotz sind Rituale natürlich total wirksam. Und die Wirksamkeit der Rituale wird durch Musik einfach nochmal erhöht. Deinem Kind wird klar, dass es jetzt so langsam ins Bett geht. Es ist sozusagen eine Einstimmung dafür. So erleichtert das musikalische Ritual den Übergang. Und es strukturiert den Abend. 

 

 Welche Musik für welchen Zweck?

Musik ist nicht gleich Musik. Je nachdem, welches Ziel du durch die Musik erreichen möchtest, kannst du verschiedene Songs oder Musikstücke auswählen. Für das große Thema “ins Bett gehen” eignet sich Musik in vielerlei Hinsicht. Drei Ideen, die ich schon beschrieben habe, möchte ich dir nun kompakt zusammenfassen. Sozusagen ein “Einschlaftrio”. 

  • Vor dem Schlafengehen: Musik als Ritual – den Übergang meistern 

  • Zum Einschlafen selbst: Musik zum Entspannen und Loslassen 

  • Zum in Verbindung bleiben: Durch Musik eure Bindung hörbar machen 

Vielleicht sogar in dieser Reihenfolge an einem Abend. 

Als Ritual: Rituale haben den Vorteil, dass du und dein Kind sie regelmäßig macht und dein Kind dadurch weiß, was gleich passieren wird. Es ist sozusagen eine Struktur, aber auch ein Übergang oder eine Erinnerung. Ihr sucht euch gemeinsam ein “jetzt geht es gleich ins Bett”-Lied aus. Dieses Lied muss kein Schlaflied sein. Im Gegenteil, es kann von etwas handeln, was dein Kind besonders gerne mag, oder ein englischsprachiges Lied aus dem Radio. Es sollte aber (zumindest für eine länger Weile immer dasselbe Lied sein). Ihr macht dieses Lied gemeinsam und es macht klar: jetzt hören wir auf zu spielen, jetzt ist Zeit zum Zähneputzen usw. Es stimmt sozusagen gemeinsam auf das ein, was jetzt kommt und nimmt euch mit in die neue Situation. Am schönsten ist es natürlich, wenn ihr zu zweit oder mit der ganzen Familie singt. Zum Zähneputzen hab ich ja schon was in der letzten Podcastfolge erzählt. 

Zum Einschlafen selbst: Dein Lied sollte nun gut gewählt sein. Du kannst natürlich auch mehrere Lieder nutzen, wie oben schon beschrieben: einen Pool an Liedern aufbauen. Am besten du singst selbst, denn an dieser Stelle geht es darum dein Kind mit der Musik zur Ruhe zu bringen. Das funktioniert nachweislich am besten mit deiner Stimme. Musik, die eine langsame Melodie und einen ruhigen Rhythmus hat, entspannt uns nachweislich. Unsere Atmung wird langsamer und unsere Herzfrequenz auch. So entspannt dein Kind und kommt zur Ruhe. 

In (Ver-)Bindung bleiben: wenn du aus dem Zimmer gehst und dein Kind noch nicht ganz schläft, dann kannst du ihm mit deiner Stimme Sicherheit geben. Erinnere dich zurück: Liebtest du es auch so, wenn du noch Stimmen zum Einschlafen gehört hast? Ich mag das immer noch und es beruhigt mich und lässt mich entspannt schlafen. Wenn dein Kind noch deine singende Stimme beim Einschlafen hört, dann weiß es: “Mama oder Papa ist noch da” und kann entspannt bleiben, weil durch deine Stimme die Verbindung nicht gekappt wird, sondern bestehen bleibt. In diesen Momenten ist es vielleicht sinnvoller etwas zu singen, was eher beruhigend wirkt. Aber du kannst durchaus auch deine Lieblingslieder trällern. Willst du nicht selbst singen, ist Musik hören auch eine gute Alternative. Dein Kind weiß dann auch: Mama und Papa sind noch da! Ich erinnere mich da auch gerne an die Musik, die mein Papa früher immer gehört hat, wenn ich am Einschlafen war. Die ist für mich immer noch total beruhigend. 

 

Noch was wichtiges:  

Wichtig ist mir noch zum Schluss: du kannst nicht für dein Kind bestimmen, dass es sofort zu schlafen hat. Oder um Punkt acht Uhr. Du kannst deinem Kind Angebote machen. Die wird es annehmen, wenn passt. Wenn dein Kind aber noch nicht müde ist, dann wird es wohl trotz aller Versuche deinerseits nicht zur Ruhe kommen. Daher: Die Ideen, von denen ich hier erzähle, sind natürlich kein Garant dafür, dass dein Kind schneller einschläft. Sie können aber das Einschlafen gemütlicher machen. Und ein wenig den Stress rausnehmen. 

 

 

 

fridolina musik